
Weder Stadt noch Anwohner sind mit Entscheid zufrieden
Die Anwohner und Stadtgrün Bern haben gegen den Gesamtbauentscheid des Regierungsstatthalteramtes Bern-Mittelland eine Baubeschwerde eingelegt. Es geht gegen die befristete Umnutzung einer Werkstatt in einen kommerziellen Gastgewerbebetrieb. Für die Stadt handelt Stadtgrün Bern, ein Amt der Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün unter Gemeinderätin Ursula Wyss.
Die Beschwerdegründe der Anwohner
Wir Anwohnenden wollen u.a. mit unserer Beschwerde überprüfen lassen:
• ob die Betreibung eines kommerziellen Gastgewerbebetriebes einem öffentlichen Zweck dient, wie es die Zone für öffentliche Nutzungen voraussetzt, in welcher der ehemalige Entsorgungshof liegt.
• ob sich ein kommerzieller Gastgewerbebetrieb an dieser Stelle mit der Zweckbestimmung einer öffentlichen stark durchgrünten Landschaft vereinbaren lässt.
• ob die Erteilung einer Ausnahmebewilligung die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nicht vor den fait accompli stellt und dem Grundsatz des Vorrangs der Planung widerspricht.
• ob die Erteilung einer Ausnahmebewilligung mittels Anwendung künftigen Rechts, das noch gar nicht existiert, nicht präjudizierend ist und die politischen Rechte der Stimmbürgerschaft aushebelt.
Die politische Behörde hat nach unserem Rechtsverständnis auch am Egelsee die eigene städtische Gemeindeordnung umzusetzen, die vorschreibt (Auszug):
Art. 8
Umweltschutz
1 Die Stadt trägt Sorge zu den natürlichen Lebensgrundlagen und hält die Belastung der Umwelt durch staatliche und private Tätigkeiten so gering wie möglich. Bei Gleichwertigkeit der Interessen hat die Erfüllung dieser Aufgabe Vorrang vor andern städtischen Aufgaben.
Art. 9
Raum- und Bauordnung; Natur und Kulturgüter
1 Die Stadt sichert die Raumordnung, erlässt ihr Baurecht und versieht die Baupolizei.
2 Sie sorgt für eine haushälterische Nutzung des Bodens und die Erhaltung von Erholungsraum.
3 Sie erhält und schützt wertvolle Landschaften, Ortsbilder, Naturdenkmäler, Bauten und Kulturgüter.
Wir vertreten die Ansicht, dass für die politische Behörde kein Sonderrecht in Bezug auf die Betreibung von kommerziellen Gastgewerben gilt. Wir setzen uns im Interesse der Allgemeinheit dafür ein, dass von einer unabhängigen Instanz zu klären ist, ob die Stadt Bern über eine ausreichende Rechtsgrundlage verfügt, um am Egelsee einen kommerziellen Gastgewerbebetrieb betreiben zu lassen.
Die Beschwerdegründe der Stadt
Stadtgrün Bern will mit seiner Beschwerde gegen den Entscheid des Regierungsstatthalteramtes Bern-Mittelland zusammengefasst erreichen, dass der kommerzielle Gastgewerbebetrieb:
1. als zonenkonforme Nutzung beurteilt wird und
2. sämtliche Einzelbewilligungen nicht nur auf fünf Jahre beschränkt werden.
3. Sollte Stadtgrün Bern mit diesen zwei Rechtsbegehren (Punkte 1 und 2) nicht durchkommen, beantragt die Stadt, dass das kommerzielle Gastgewerbe nach fünf Jahren nicht den rechtmässigen Zustand wieder herstellen muss. Nach dem Entscheid des Regierungsstatthalteramtes Bern-Mittelland hätte Stadtgrün Bern nach fünf Jahren die Nutzung des kommerziellen Gastgewerbes wieder aufheben müssen und die entsprechenden Einrichtungen entfernen müssen.
4. StadtGrün Bern verlangt, dass die Auflage des Regierungsstatthalteramtes Bern-Mittelland, „Ein Take-Away Betrieb ist nicht gestattet. Es ist ein bedientes Restaurant zu führen“, gestrichen wird. Damit will Stadtgrün Bern erreichen, dass Take-Away betrieben werden kann.
Zudem fordert Stadtgrün Bern von der Beschwerdeinstanz, festzustellen, dass die Baubewilligung, mit Ausnahme der von ihr angefochtenen Rechtsbegehren, rechtskräftig geworden ist. Ferner fordert sie, dass der kommerzielle Gastgewerbebetrieb im Sinne einer vorsorglichen Massnahme gestattet wird. Einer allfälligen Beschwerde gegen diese vorsorgliche Massnahme sei die aufschiebende Wirkung zu entziehen, beantragt das Amt.
Verfügung der kantonalen Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion
Das Rechtsamt der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern hat am 19. März 2019 in seiner Verfügung darauf hingewiesen, dass unsere Beschwerde aufschiebende Wirkung hat. Das heisst im Klartext: Die Baubewilligung darf vorläufig von Stadtgrün Bern nicht ausgeübt werden.