Die "Bar au Lac" durfte nicht als "Festwirtschaft" vom Regierungsstatthalter Christoph Lerch bewilligt werden. Dies geht aus dem Entscheid des Volkswirtschaftsdirektors Christoph Ammann hervor. Die Beschwerdeführer haben vollumfänglich gewonnen.
Entscheid
Die wichtigsten Punkte aus dem Entscheid chronologisch zusammengefasst:
- Beschwerdelegitimation und Rechtsschutzinteresse: Alle Beschwerdeführenden haben bei einem Gastgewerbebetrieb mit zusätzlichen Immissionen zu rechnen und sind beschwerdelegitimiert. Obwohl die "Bar au Lac" inzwischen geschlossen ist und kein aktuelles Rechtsschutzinteresse mehr besteht, stellten sich Grundsatzfragen, die zu klären waren. Die Barbetreiber selbst führten aus, die Bar wieder im Jahr 2018 zu betreiben und der Regierungsstatthalter schloss es nicht aus, dieser wieder eine gastgewerbliche Einzelbewilligung zu geben.
- Festwirtschaft: Unter diesem Begriff seien Veranstaltungen zu sehen, die losgelöst von einem Betrieb draussen oder in nur vorübergehend aufgestellten Zelten, Hallen oder Ähnlichem stattfinden. Der Umstand, dass der Gemeinderat der Stadt Bern für den Betrieb der "Bar au Lac" einen Kredit von 61'000 Franken gesprochen hat und die Barbetreiber 60'000 Franken investiert haben, spreche in Anbetracht der beschränkten Sitzzahl eher für eine längerfristige Nutzung der Liegenschaft als Gastgewerbebetrieb. Auch die vom Regierungsstatthalter für drei Monate beantragten und bewilligten Öffnungszeiten von täglich mindestens 14 Stunden (sonntags 10 Stunden) entsprächen nicht dem Charakter einer Festwirtschaft, sondern eines saisonal betriebenen ordentlichen Gastgewerbebetriebs, für den eine Bewilligung nach Art. 6 und nicht nach Art. 7 Abs. 1 Bst. a Gastgewerbegesetz (GGG) nötig ist. Somit kann festgehalten werden, dass eine erneute Festwirtschaftsbewilligung nicht bewilligungsfähig wäre. Ob eine Betriebsbewilligung nach Art. 6 GGG erteilt werden könnte, muss der Regierungsstatthalter insbesondere hinsichtlich der bundesrechtlichen Bestimmungen zum Umweltschutz und insbesondere Lärmschutz prüfen.
- Baubewilligung: Gemäss Art. 22 Abs. 1 des Raumplanungsgesetzes dürfen Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. Ob die Zwischennutzung für die Bewilligung der "Bar au Lac" einer Baubewilligung bedarf, kann die Volkswirtschaftsdirektion mangels Zuständigkeit nicht beurteilen (Hinweis IG-Egelsee: Die Baudirektion ist dafür zuständig, nicht die Volkswirtschaftsdirektion). Die Volkswirtschaftsdirektion bezweifelt aber, ob eine immerhin dreimonatige und täglich 10 bis 14 Stunden umfassende saisonale Nutzung des ehemaligen Entsorgungshofes als Gastgewerbebetrieb trotz dieser Zweckänderung baubewilligungsfrei erfolgen darf.
- Auflage: Der Regierungsstatthalter wird verpflichtet, bei der Beurteilung eines erneut eingereichten Gesuchs um Erteilung einer gastgewerblichen Bewilligung für einen saisonalen gastgewerblichen Betrieb in seiner Funktion als Baubewilligungsbehörde auch zwingend zu prüfen, ob die Erteilung einer Baubewilligung notwendig bzw. möglich ist oder nicht (Baubewilligungspflicht bzw. Baubewilligungsfähigkeit) und einen entsprechenden Entscheid zu fällen. Er hat dabei insbesondere die Auswirkungen der "Bar au Lac" auf die Umgebung zu beurteilen und allenfalls die Erforderlichkeit einer Ausnahmebewilligung nach Gewässerschutzverordnung in einem anfechtbaren Gesamtentscheid zusammenzufassen.
Fazit
Regierungsstatthalter Lerch hätte den "Testlauf" für eine Zwischennutzung der Liegenschaft Muristrasse 21e in Bern nicht aufgrund einer Gastgewerbebewilligung erteilen dürfen. Vielmehr war er verpflichtet, ein koordiniertes Baubewilligungsverfahren durchzuführen und zwar selbst dann, wenn er der Ansicht sein sollte, dass keine Baubewilligung notwendig sei. Dabei hat er zu berücksichtigen, dass ein Betrieb wie im vergangenen Sommer sich nicht auf eine Festwirtschaft stützen kann, sondern unter Berücksichtigung der einschlägigen bundesrechtlichen und kantonalen Bestimmungen nach Art. 6 GGG (Erteilung einer ordentlichen Betriebsbewilligung).
Unsere Stellungnahme
Die IG Egelsee begrüsst diesen Entscheid, der die Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit in der Stadt Bern stärkt und auch für andere Zwischennutzungen wegweisend sein wird. Wir werden uns weiterhin für unsere Visionen am Egelsee einsetzen:
- Der Egelsee soll als Naturoase den Menschen nutzen. Er soll als Raum für wertvolle Flora und Fauna vor schädlichen Immissionen geschützt werden.
- Die IG-Egelsee setzt sich dafür ein, dass am Egelsee der Gewässerschutz, die Zonennutzung und die Bauordnung eingehalten werden.
- Wir bringen unsere nachbarlichen Interessen für eine lebenswerte grüne und ruhige Wohnumgebung konstruktiv ein.
Wir wollen unsere Visionen für eine grüne Naturoase mit der Stadt gemeinsam verwirklichen. Die IG-Egelsee dankt allen Personen, die uns auf diesem schwierigen Weg tatkräftig unterstützt haben.